Nach einer Gesprächsrunde mit Bernd Iken im Januar hatten wir am 6.2. mit Olaf Meinen einen weiteren Land-ratskandidaten zu einem öffentlichen Treffen eingeladen. Im Verlauf der über zweistündigen, engagierten Diskussion ließ Olaf Meinen zwar in etlichen Punkten eine gemeinsame Sicht auf die Problemfelder der stationären und ambulanten Gesundheitsversorgung in unserer Region erkennen. Bei der Bewertung und der Frage – was folgt daraus? gab es jedoch deutliche Unterschiede.
Zu Beginn der Runde — insgesamt rund 25 Mitglieder des Fördervereins und interessierte Bürger nahmen teil — umriss der Vorstand des Fördervereins seine Erwartungen wie folgt:
Wie nehmen wir die aktuelle Situation in Norden und im Landkreis wahr?
- schleichender Abbau und Stillstand in den Krankenhäusern (Norden : OP Bereitschaft war mehrere Wochen geschlossen, Kinderstation und Kurzliegerstation wurden geschlossen, Anästhesisten werden nach Aurich abgezogen, an Personal wird gespart, am Standort Norden wird nur noch das Nötigste gemacht ( Beispiel ZPA, die 2018 aufgrund gesetzlicher Vorgaben eingerichtet werden musste)
- In der Folge kommt es zu Überlastung in Pflege und bei der Ärzteschaft
- seit 2014 gibt es keine positive Perspektive mehr für Norden als Klinikstandort. Es gingen und gehen weitere Jahre ungenutzt ins Land, ohne dass sich um eine zukunftsweisende stationäre Gesundheitsversorgung vor Ort gekümmert wird
- Auf Versorgung und Zuzug niedergelassenen Ärzte und Fachärzte wirkt sich diese Situation zusätzlich negativ aus
Unsere Erwartungen :
Durch die einseitige Festlegung auf die Zentralklinikpläne – trotz des in Summe negativen Bürgerentscheides 2017 — nimmt sich die Politik im Landkreis selbst die Möglichkeit, Alternativen voranzubringen, die auf einer Förderung und Modernisierung der Standorte zielen. Das Sozialministerium hat auf Anfragen des Fördervereins bestätigt, dass man nach dem BE 2017 neue schlüssiger Konzepte angefordert habe, Diese liegen nach fast zwei Jahren immer noch nicht vor. Das Land hat mehrfach signalisiert, daß auch für eine Verbundlösung entsprechend Fördergelder bereitgestellt würden, sofern dabei das Leistungsangebot klinikübergreifend neu strukturiert und gebündelt würden (auch in Kooperation mit weiteren Häusern in der Region) . Vom künftigen Landrat erwartet der Förderverein, daß er dafür sorgt, daß solche Konzepte nun endlich ausgearbeitet und auf den Weg gebracht werden.
Einigkeit bestand darüber, dass für die derzeitige wirtschaftliche Lage der UEK-Kliniken Managementfehler und die vernachlässigte Steuerung durch die politischen Auftraggeber eine entscheidende Ursache darstellen. Bei einem Blick auf die Kliniken in den Nachbarkreisen (Leer, Wittmund) war man sich einig : Dass es in Leer und Wittmund trotz vergleichbarer (erschwerter) äußerer Rahmenbedingungen seit Jahren gelingt, eine hochwertige wohnortnahe Versorgung zu erhalten und zu modernisieren, zeigt, dass man auch im Landkreis Aurich deutlich besser dastehen könnte (Anm. : Leer investiert und modernisiert laufend, sogar aus Eigenmitteln, Wittmund besteht mit vergleichsweise geringen Defiziten ). Konsens war auch, dass die Häuser von der medizinischen Qualität her besser sind als es in der Öffentlichkeit häufig dargestellt wird. Und, daß — entsprechendes Engagement beim Landkreis vorausgesetzt — auch bei der so häufig beklagten Versorgung mit Allgemein- und Fachärzten deutlich mehr möglich wäre. (Stichworte hier: Stipendienmodell für bislang 32 angehende Ärzte im LK Leer, Aufbau einer „Gesundheitsregion“ — in diesem Punkt ist der LK Aurich bis heute einer der letzten weißen Flecken auf der Niedersachsenkarte)..
Im Hinblick auf mögliche zukünftige Szenarien (also — entweder die Zentralklinikpläne würden nach dem im Mai anstehenden Emder Bürgerentscheid verworfen oder sie würden weiter verfolgt nach einem entsprechendem Votum der Emder) machte Olaf Meinen deutlich, dass er in jedem Fall für weitere Entscheidungen ein klares und vollständiges Bild erwarte : Alle Fragen zu Kosten, Finanzierung, Infrastruktur, Folgekosten und Auswirkungen für Kommunen und Landkreis will er beantwortet sehen. Dazu gehöre dann auch die Frage nach dem Management, denn allein ein neues Gebäude werde nicht sicherstellen, dass beabsichtigte Verbesserungen auch tatsächlich eintreten. Wie er betonte, habe er sich bislang nicht mit den Details der Gutachten aus der Vergangenheit befasst und habe auch keine Einsicht in die aktuellen Zahlen aus dem jetzigen Klinikmanagement (also der Trägergesellschaft, die die drei Häuser bekanntlich als Geschäftsbesorger managt) .
In diesem Zusammenhang sprach sich Olaf Meinen auch für deutlich mehr Transparenz bei den politischen Entscheidungen aus, sowohl hinsichtlich der zugrundeliegenden Informationen selbst als auch hinsichtlich der Kommunikation aller Beteiligten. Anhand des Beispiels von Windenergieprojekten in seiner Heimatgemeinde machte er deutlich, dass er hinsichtlich Information und Kommunikation zwischen den beteiligten Entscheidern und mit den Bürgern einen ganz anderen Weg gehen möchte als den, der in den letzten Jahren rund um die Klinikfrage beschritten worden ist.
Erwartungen aus der Runde, auch die vom Kreistag beschlossene Verlängerung des Mandats der Trägergesellschaft und ihrer Aufgabe “Vorbereitung einer Zentralklinik” erneut grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen, wies Meinen jedoch zurück. Mit seinem Hinweis, er fühle sich den mehrheitlich getroffenen Beschlusslagen verpflichtet, erntete er jedoch Unverständnis. So wurde daran erinnert, daß der Emder Rat ausdrücklich gegen den geäußerten Bürgerwillen agiert habe, und daß der Auricher Kreistag das Scheitern des gemeinsamen Zentralklinikprojekts mit Emden ebenfalls ausgesessen habe.
Für sich selbst machte Olaf Meinen deutlich, dass er weiterhin eine Zentrallösung favorisiert. Dem Trend zu Klinikzentralisierung und zu mehr Spezialisierung sowie dem Ärzte- und Pflegemangel, so sein Credo, könne nur mit einem größeren, modernen Krankenhaus begegnet werden. Dem Ansatz des Fördervereins, primär die Grundversorgung an den bestehenden Standorten zu sichern, die Häuser mit diesem Ziel zu modernisieren und darüber hinaus in einem Verbund (plus Kooperationen mit weiteren Klinken im Umkreis) Schwerpunkte zu setzen und Zentren zu bilden, mochte Meinen an diesem Abend nicht folgen. Statt der gern suggerierten „Charité im Sumpf“ , die es auch nach den Plänen der Trägergesellschaft niemals geben würde, , forderte ein Teilnehmer der Diskussion, sollte Maßstab der Modernisierungen die spezielle Bedarfslage der Patienten hier in Ostfriesland sein und bleiben. Um diese Leistungen herum sollen dann spezialisierte Schwerpunkte gebildet werden (Stichworte z.B. Geriatrie, Angebot für ältere Patienten, Gesundheitstourismus, .) Dem plumpen Glauben an „Fortschritt durch Grösse“, der in den Auseinandersetzungen der letzten Jahre als Argument für die Zentralklinik vorgetragen wurde, sollte, so hofft es der Förderverein nach wie vor, sollte ein künftiger Landrat skeptisch gegenübertreten. Auch die seit 2018 in den Gremien unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgestellten „vier Alternativszenarien“ , die als einzig akzeptable Lösung letztlich immer wieder die Zentralklinik belegen sollten, operieren mit so vielen ungesicherten Annahmen und Unterstellungen, daß man sie keinesfalls als belastbare Grundlage für eine so wichtige Entscheidung akzeptieren sollte.
Den meisten Diskussionsteilnehmern dürfte bewusst sein, daß die bekannten Tendenzen und gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen (also — Zentralisierung, gewollte Marktbereinigungen von Krankenhäusern, Konzentration der Notfallversorgung, Fachärztemangel, Pflegenotstand…) eine Erhaltung der Daseinsvorsorge in einer Randregion – die wir nun mal sind – in Summe eher erschweren. Gerade deshalb , so hieß es in der Runde, solle sich der Landrat aktiv, gegebenenfalls auch gegen den Trend, für die Sicherstellung der kommunalen Gesundheitseinrichtungen in seinem Verwaltungsbereich engagieren — und sie nicht blind Markttrends, vermeintlichen „wirtschaftlichen Sachzwängen“ und .Privatisierungslobbyisten überantworten. Der Förderverein trägt gern dazu bei!