Ein ländliches Krankenhaus mit allen Grundversorungsabteilungen wurde zum 1.4.2023 in Ankum bei Bersenbrück geschlossen. Über die Namensgebung(!) wird suggeriert, es handle sich auch nach der Schließung noch um das „Marienhospital“. Jedoch : In diesem „Hospital“ wird ab jetzt etwas gänzlich anderes angeboten : nämlich ärztliche Versorgung in drei Facharztpraxen mit insgesamt fünf Kassenärzten, dazu zukünftig einer gastroenterologischen Arztpraxis. Statt der wegfallenden Gynäkologie soll es ein „Praxisteam am Standort“ geben (zu einem späteren Zeitpunkt – bislang Absichtserklärung), dazu sollen zwei neue stationäre Pflegeangebote für länger pflegebedürftige Patienten kommen, die nicht mehr in einem Krankenhaus bleiben können oder keine Pflege zuhause haben.
„Zum Start stehen fünf Fachärzte in der Inneren Medizin, der Chirurgie und der Orthopädie zur Verfügung: Dr. Ulrich Martin (MVZ Innere Medizin), Dr. Christoph Bartsch (MVZ Chirurgie), Rachid Ben Karbach (Diplome de Doctorat en Medecine / Univ. Marrakech) im MVZ Chirurgie, Jannis Kantis (MVZ Orthopädie) und Nidhin Kizhakkumthala (MVZ Orthopädie). Ein sechster Kassensitz für die Fachrichtung Gastroenterologie wird in Kürze besetzt. Bis dahin werden gastroenterologische Untersuchungen wie zum Beispiel Darm- oder Magenspiegelungen über Fachärzte des Geschwisterkrankenhauses, Franziskus-Hospital Harderberg gewährleistet.“
„Die Belegklinik der Gynäkologie und Geburtshilfe ist bis zum Wechsel nach Quakenbrück (voraussichtlich im Juli) rund um die Uhr geöffnet. Dazu gehört auch eine durchgehende Bereitschaft der Anästhesie für mögliche Kaiserschnitte sowie eine ständige Bereitschaft der Intensivmedizin. Auch nach dem Wechsel der Klinik nach Quakenbrück wird ein gynäkologisches Praxisteam am Standort Ankum aktiv sein.“
„Neu aufgebaut werden aktuell zwei Pflegeangebote: Im Mai startet eine Langzeitintensivpflege im Marienhospital Ankum-Bersenbrück. Die Mitarbeitenden werden dann die Pflege von zum Beispiel beatmungspflichtigen Personen übernehmen: 17 Bewohner können rund um die Uhr vollstationär pflegerisch im Regionalen Gesundheitszentrum versorgt werden. In einer weiteren geplanten Pflegeeinrichtung können ab Juli Pflegebedürftige bis maximal acht Wochen eine vollstationäre Betreuung in Anspruch nehmen. Das Kurzzeitpflegeangebot richtet sich an Patienten, die sich nach einem Krankenhausaufenthalt noch nicht zu Hause versorgen können oder an Patienten, bei denen eine Pflege zu Hause zeitweise überbrückt werden muss.“
Der niedersächsische Gesundheitsminister Philippi wird wie folgt zitiert : „Für die Bürgerinnen und Bürger Ankums und Umgebung ist das RGZ ein wohnortnahes und gleichzeitig qualitativ hochwertiges Zentrum modernster medizinischer Grundversorgung“.
Was der Minister hier sagt, erfüllt den Tatbestand reinster Schönfärberei. Er lobt das RGZ als „genau passende“ Lösung für alle möglichen schlagwortartig angerissenen „Probleme“. Hinter den hohlen Werbetextbausteinen mit verräterischen Superlativen lassen sich keine greifbaren, klar umrissenen realen Leistungen ausmachen. Es sind Appelle an die Bürger, sich etwas Gutes darunter vorzustellen. “Wohnortnah“, klingt gut, aber welche Leistungen findet in der Nähe des Wohnorts denn noch statt ? Ein „qualitativ hochwertiges Zentrum“ soll das RGZ sein. Klingt nach drei Pluspunkten- aber welche Vorteile durch diese diese Zentralisierung zu erwarten? Wie und wodurch wird die Qualität der Medizin verbessert, und inwiefern wird sie damit „hochwertig(er)“? Noch ein Superlativ : es wird „modernste“ Grundversorgung geboten. Die „Grundversorgung“ ist bekanntlich ein „entlehnter“ Begriff aus der Beschreibung bzw, einer Taxonomie von Kliniken. Warum reicht nicht eine “moderne”, oder den Behandlungsfällen einfach angemessen Grundversorgung? Hinter diesem hohlen Werbesprech steht eine handfeste Umdeutung dessen, was bisher unter “Grundversorgung” verstanden wird. Die “modernste” Grundversorung kommt — anders als bisher — ohne klassische stationäre Leistungen wie Notallbehandlung, Chirurgie und Innere Medzin aus. Die Arztpraxen mit Belegbetten und Pflegestation, die hier in Zukunft bereitgehalten werden, sollen laut Wort des Sozialministers ab sofort als das Nonplusultra dessen gelten,was der Bürger unter „Grundversorgung“ erwarten darf.
Hinter dem Schlagwort vom Megatrend “Ambulantisierung” steht dabei ein ganz simples wirtschaftliches Interesse an einer radikalen Kostensenkung durch das Einschränken von Angeboten der Stationären Versorgung. Die Angebote der kleinen Kliniken werden als “wirtschaftlich nicht (mehr) betreibbar” gebrandmarkt, die Abteilungen sollen an großen zentralen Krankenhäusern konzentriert werden. Am Standort der ehemaligen Kliniken verbleiben dann im Wesentlichen nur noch Angebote, die ebensogut von niedergelassenen Arztpraxen bzw. Verbünden solcher Praxen erbracht werden können.
Was wird im RGZ einem Notfallpatienten angeboten ?
„Was tun bei einem Notfall? Die Notaufnahme des Marienhospitals Ankum-Bersenbrück wird am Freitag, den 31. März um 16 Uhr schließen. Die Facharztpraxen des Marienhospitals behandeln während der Öffnungszeiten auch künftig ambulante Notfälle. Bei einem lebensbedrohlichen Notfall gilt es, unmittelbar die 112 zu wählen. Der Rettungsdienst entscheidet wie bisher je nach Krankheitsbild und Verfügbarkeit, welches Krankenhaus angefahren wird. Unter 116117 bekommen Menschen außerhalb der Sprechstundenzeiten Hilfe bei Erkrankungen, mit denen sie sonst in eine Praxis gehen würden und deren Behandlung nicht bis zum nächsten Tag warten kann.“
Fazit : Ein Notfallpatient hat ausserhalb der Facharztpraxiszeiten zwischen einem Anruf der 112 und der 116117 zu wählen. Das ist das “Angebot” des RGZ.
Alle hier zitierten Aussagen aus :https://www.niels-stensen-kliniken.de/marienhospital-ankum-bersenbrueck/aktuelles/pressemitteilungen/artikel/ab-3-april-erstes-regionales-gesundheitszentrum-niedersachsens-oeffnet.html
https://www.niels-stensen-kliniken.de/marienhospital-ankum-bersenbrueck/aktuelles/pressemitteilungen/artikel/ab-3-april-erstes-regionales-gesundheitszentrum-niedersachsens-oeffnet.html