Das Aktionsbündnis für den Erhalt des Krankenhauses Norden hat einen Antragsentwurf mit einer Beschlußvorlage für die nächste Kreistagssitzung am 28.06. erstellt und an die Kreistagsabgeordneten gesandt. Sie werden darin gebeten, diesen Antrag zu prüfen und ihn sich zueigen zu machen, indem sie die Beschlußvorlage in die kommende Sitzung einbringen. Der Förderverein begrüßt diesen Entwurf und schließt sich der Bitte an alle Kreistagsabgeordneten an, die Entscheidung zur Schliessung der Norder UEK zu revidieren und damit die existenziell gefährdete Notfallversorgung im gesamten Kreisgebiet sicherzustellen.
Antrag in den Kreistag gemäß GO zur Beschlussfassung am 28.6.2023
Der Kreistag möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt, auf die Trägergesellschaft des Krankenhauses Norden mit dem Ziel einzuwirken, die Klinik bis zur Inbetriebnahme der Zentralklinik in Uthwerdum auf dem medizinischen und technischen Stand mit mindestens den funktionsfähigen Abteilungen Innere und Chirurgie sowie
mit den erforderlichen Voraussetzungen zur Teilnahme an der Basis-Notfallversorgung 24/7 gemäß den Richtlinien des G‑BA zu betreiben.
Begründung:
Der Landrat vertritt die Auffassung, dass der Kreistag durch den Beschluss zum Bau der Zentralklinik die Schließung des Krankenhauses Norden ab dem 1.7.23 mit beschlossen habe.
Dem steht jedoch die Zustimmung des Kreistages zum Konsortialvertrag entgegen, wonach die Aufgabe der Altstandorte mit der Inbetriebnahme der Zentralklinik erst in Phase III geschehen soll. Zurzeit befindet sich der Entstehungsprozess der Zentralklink gemäß Konsortialvertrag noch in der I.Phase.
In der Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, dass der Kreistag mit großer Mehrheit die aktuellen Schließungsabsichten der Trägergesellschaft billigt, was das Aktionsbündnis, viele Beschäftigte in der Norder Klinik und große Teile der betroffenen Bevölkerung nicht glauben mögen, zumal der Gebietsänderungsvertrag zwischen den Altkreisen Norden und Aurich in § 22 verpflichtend bestimmt (nicht regelt!), dass das Krankenhaus Norden auf dem medizinisch und technisch wünschenswerten Stand der Grund- und Regelversorgung zu halten ist, dies auch wegen der vielen Urlaubsgäste, die inzwischen jährlich rund 2 Millionen Übernachtungen umfassen. Hinzukommen die Tagesgäste und die Insel-Urlauber.
Bei vorzeitiger Schließung des Norder Krankenhauses und damit dem Wegfall der Notfallversorgung 24/7 gemäß G‑BA kann der Rettungsdienst lebensbedrohlich Verletzte oder Erkrankte z. B. mit Bewusstseinsstörungen, Atemnot oder Herzbeschwerden, schweren Verletzungen, Vergiftungen, Ertrinkungs- oder Stromunfällen, Krampfanfällen und plötzlichen stärksten Schmerzen nicht mehr
innerhalb der vorgeschriebenen 30 min in ein Akutkrankenhaus bringen.
Da ein Rettungswagen eine Intensivstation nicht ersetzen kann und beispielsweise
Operationen sowie sterile Eingriffe im Rettungswagen nicht durchgeführt werden können, die einen Patienten lebensrettend stabilisieren könnten, wie z. B. steriles Legen arterieller Zugänge zur kontinuierlichen Blutdruckmessung, oder Legen von zentralen Venenkathetern (ZVK) zur Gabe von Katecholaminen bei Reanimationen, Schockzuständen und schweren allergischen Reaktionen, operative Gefäßnähte bei starken inneren Blutungen, operative Druckentlastung bei starken intrakraniellen Blutungen, Vorhalten geeigneter Blutkonserven zur stabilisierenden Gabe bei starkem Blutverlust, welche aufgrund der ständigen Erschütterungen im RTW dort nicht gelagert werden können, fehlende Möglichkeiten zur Notfallendoskopie auf dem RTW bei Intoxikationen oder Verschlucken gefährlicher Gegenstände oder Flüssigkeiten in suizidaler Absicht, Schwierigkeit fortgesetzter Reanimationsbemühungen bzw. Unmöglichkeit bestimmter Behandlungsmethoden bei schneller Alarmfahrt des RTW etc., besteht bei Aufgabe der intensivmedizinischen Versorgung des Krankenhaus Norden eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass es hierdurch innerhalb der nächsten Jahre zu Todesfällen durch die wegfallende Basisnotfallversorgung des Krankenhauses kommt. Ein Regionales Gesundheitszentrum, RGZ, kann eine
derartige intensivmedizinische Versorgung nicht leisten.
Wenn das Krankenhaus Norden vor Inbetriebnahme der Zentralklinik geschlossen wird, sind über 51.000 Menschen nicht mehr in der Lage, in der rechtlich vorgeschriebenen Zeit von 30 Pkw-Minuten ein Krankenhaus der Grundversorgung zu erreichen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) schreibt vor, dass ein Krankenhaus weiterhin vorzuhalten ist, wenn bei seiner Schließung mehr als 5.000 Menschen ein Krankenhaus der Grundversorgung nicht binnen 30 Pkw-Minuten erreichen können.
Nach dem Niedersächsischen Krankenhausgesetz (NKHG) hat der Landkreis die
Krankenhausversorgung der Bevölkerung als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises sicherzustellen. Unter Sicherstellung wird das Vorhalten einer qualitativ hochwertigen und bedarfsgerechten Krankenhausversorgung der Patientinnen und Patienten mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich und wirtschaftlich handelnden Krankenhäusern verstanden. Das Krankenhaus Norden wird bis heute im Krankenhausplan des Landes ausgewiesen, worin nur Häuser auf der Grundlage der Bedarfsanalyse aufgenommen werden, womit der Bedarf für Norden festgestellt ist. Der Bedarf wächst in Norden im Vergleich zu Aurich und Emden bis zum Jahre 2030 gemäß Standortanalyse der Trägergesellschaft um bis zu 18% an! Ein Regionales Gesundheitszentrum wäre gemäß NKHG erst dann zu errichten, wenn es keinen Bedarf oder keinen Bedarf mehr für ein Krankenhaus gibt. Außerdem wurde den Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen des Bürgerentscheids über den Bau einer Zentralklinik versprochen, die Krankenhäuser bis zur Inbetriebnahme der Zentralklinik weiterzubetreiben.