Über das AGAPLESION Ev.Klinikum Schaumburg haben wir auch auf dieser Seite schon mehrfach berichtet : Denn in den Diskussionen um die Zukunft der Krankenhäuser in unserer Region wird diese Zentralklinik immer wieder als Vorbild und Vorzeigeobjekt herangezogen. Aktuell werden aus dem Schaumburger Land hohe Verluste im ersten Betriebsjahr gemeldet : das Defizit in 2018, dem ersten Betriebsjahr nach der Eröffnung, beträgt 12 Mio €. Die Klinikgeschäftsführung hatte einen Verlust in einer solchen Höhe bei weitem nicht erwartet: In den Planungen war ein Anlaufverlust von ca 1 Mio für 2018 kalkuliert worden.
Die Schaumburger Nachrichten berichten am 5.4.2019 ausführlich über das unerwartet hohen Minus und die Erklärungen zu dieser Entwicklung seitens der Geschäftsführung: “Katastrophales Ergebnis”: Klinikum schreibt 12 Millionen Euro Minus . Wir werfen einen Blick auf die Entwicklung bei der “Vorzeigeklinik” und erlauben uns auf dieser Basis eine Bewertung der Erwartungen und der versprochenen Verbesserungen im Falle der Errichtung einer Zentralklinik hierzulande.
1. Einige Eckdaten zum Schaumburger Klinikum :
Das Klinikum Schaumburg ist als Zentralklinik nach etlichen Verzögerungen seit 2018 in Betrieb. Es versorgt als Klinik der Schwerpunktversorgung mit 437 Betten und derzeit (laut Betreiber) 15 Fachabteilungen bei rund 1.000 Mitarbeitern (Mai 2018) den Landkreis Schaumburg (ca 160.000 Einwohner). Standort ist die Gemeinde Vehlen (ca 1.400 Ew). Das Klinikum hat drei Häuser der Grund- und Regelversorgung ersetzt : In der Stadt Rinteln (27.000 Ew, 11 km entfernt ), in Stadthagen (23.000 Ew, 12 km ) und in Bückeburg (20.000 Ew., 6 km) wurden die Häuser geschlossen. (Auto-Km, direkte Entfernungen sind kürzer gute, Anbindung über A2, B65). Angrenzend an den Landkreis Schaumburg gibt es im Kreis Minden-Lübbecke (NRW) mit den Mühlenkreiskliniken an verschiedenen Standorten in und um Minden einen Klinikverbund der Maximalversorgung (von Vehlen ca 20 km bis Minden, ca 30 km bis Bad Oeynhausen) Weitere Oberzentren in Reichweite mit allen Angeboten der stationären Versorgung sind Hannover und der Raum Bielefeld (jew ca 60 km entfernt).
Das AGAPLESION EV. KLINIKUM SCHAUMBURG ist eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, an der der AGAPLESION-Konzern, eine gemeinützige Aktiengesellschaft und Einrichtung der Diakonie zu 60%, die kirchliche Stiftung Krankenhaus Bethel zu Bückeburg zu 30% und der Landkreis Schaumburg zu 10% beteiligt sind. Der Agaplesion-Konzern betreibt gemeinsam mit den jeweils beteiligten diakonischen Unternehmen bzw. kommunalen Trägern in ganz Deutschland mehr als 100 Einrichtungen, darunter 25 Krankenhäuser mit rund 6.300 Betten und über eine Million Patienten pro Jahr sowie 35 Wohn- und Pflegeeinrichtungen mit über 3.000 Betten in der Pflege und zusätzlich 800 betreute Wohnungen. AGAPLESION : Unternehmenszahlen auf Wikipedia
2. Aktuelle Situation
Bereits im ersten Halbjahr gab es ein deutlich über der Planung liegendes Minus — in diesem Zeitraum fielen 2,5 Mio Verlust an. Im zweiten Halbjahr wuchs das Defizit drastisch auf einen Jahresfehlbetrag von auf 12 Mio. an. Dafür macht die Geschäftsführerin Diana Fortmann auf der Ausgabenseite vor allem die Personalkosten verantwortlich. Ausserdem wurden Zusatzausgaben bei der Abwicklung der alten Standorte als Verursacher angesprochen, aber nicht näher erklärt. Auf der Einnahmenseite, so zeigen es die veröffentlichten Zahlen, wurden die geplanten Erlösziele 2018 deutlich verfehlt. Die absoluten Fallzahlen blieben mit 19.000 hinter der Plangröße von 20.000 zurück. Wirtschaftlich bedeutsam ist dabei, daß damit die angestrebten Fallschwere-Bewertungspunkte (case mix-Punkte) nicht erreicht wurden, an denen sich die Erstattungen durch die Krankenkassen bemessen. Das Krankenhaus hat nicht nur weniger Patienten behandelt als geplant. Es ist ihm dabei auch nicht gelungen, insgesamt einen hinreichenden Anteil vergleichsweise schwerer und dafür von den Kassen überdurchschnittlich honorierter Leistungen zu erbringen. Nach dem Fallschwere-Mix, der über alle Leistungen im Nachhinein gemittelt wird, und nicht nach der einzelnen real erbrachten Leistung, richtet sich aber die Vergütung. Überwiegen in der Behandlung einer Klinik leichtere bzw. ohne größeren technischen und personellen Aufwand zu erbringende Leistungen, so muss sie über die Anzahl an Fällen an die Erlöse gelangen. Viele Standard-“Fälle” der Grund- und Regelversorgung — z.B. in der Notfallbehandlung, der Gynäkologie oder der Unfallchirurgie sind in dieser Hinsicht “leichte” und für den Case Mix weniger einträgliche Fälle. Hingegen sind es die spezialisierten, mehr oder weniger hoch technisierten Zentren, in denen der case mix nach oben getrieben werden kann — und die vom Klinikmanagement auch in Schaumburg gezielt als “cash cows” eingeplant und aufgebaut wurden.
Erkennbar ist, daß die Leistungsangebote der neuen Klinik von den Patienten im Kreis nicht wie erwartet angenommen wurden. Ebenso aber auch, daß sie aufgrund personeller Engpässe teilweise gar nicht umgesetzt werden konnten: “Auf manchen Stationen fehlen für einen Betrieb nach Plan weiterhin Fachkräfte, erklärt die Geschäftsführerin. So ist etwa eine von zwei Intensivstationen zur Gänze geschlossen und auch die zweite Intensivstation betreibt meist nur einen Teil der Betten. Grund dafür sind fehlende Intensivpfleger”.
In Vehlen ist damit eine paradoxe Situation eingetreten : Einerseits hat man mit dem Ziel einer Senkung von Personalkosten Personalabbau in größerem Ausmaß vorgenommen (60 Pflegefachkräfte vor der Schließung der Altstandorte). Auch aktuell werden “zu hohe Personalkosten” beklagt — dort soll weiter der Hebel angesetzt werden. Andererseits beklagt man das Fehlen von qualifiziertem Personal in der Pflege, um die verfügbare Angebotspalette abzudecken. Auch Ärzte fehlen — und es werden, wo möglich, teure Honorarkräfte eingekauft.
3. “Lehren aus Schaumburg” Sind Verbesserungen und Vorteile durch eine Zentralklinik zu erwarten ?
1. Obwohl in Schaumburg gegenüber den Angeboten an den drei Altstandorten sogar noch neue, spezialisierte Zentren hinzugekommen sind, ist das hochmoderne Haus in Vehlen kein Patientenmagnet — im Gegenteil.Vehlen hat gegenüber den drei geschlossenen Häusern sogar noch Fälle verloren. Eine modern ausgestattete Zentralklinik in Georgsheil würde nach den vorgestellten Planungen noch nicht einmal zusätzliche Abteilungen (also Schwerpunktversorgung) bieten. Der Optimismus hiesiger Ärzte, allein durch die Größe ( geplant waren bis zur Streichung aus dem NDS Krankenhausplan 814 Betten) “komme niemand an uns vorbei” ist reines Wunschdenken. In Schaumburg wurde das so geäußert :
(2014:) Der mittlerweile nicht mehr amtierende Geschäftsführer Rogge “hat..ehrgeizige Ziele. Während seine Vorgänger jährlich rund 22 000 Behandlungen im neuen Gesamtklinikum in die Planungen einbezogen, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen, will Rogge die Patientenzahl auf etwa 25 000 pro Jahr steigern. Derzeit liegt diese sogenannte Fallzahl in den drei einzelnen Krankenhäusern bei knapp 20 000. Rogge hält seine angepeilte Zahl aber für realistisch. Gut 8000 Behandlungen von Schaumburger Patienten würden außerhalb des Landkreises, etwa in Minden oder Hameln, vorgenommen, begründet er dies. Darin liege Potenzial. (SN vom 4.10.2014 )
2. Ein neues Krankenhaus wie Schaumburg, das sogar als Lehrkrankenhaus der Uni Münster firmiert, in einer ländlichen Region mit größeren Städten in mittlerer Reichweite, zieht nicht schon deshalb mehr Ärzte und Pflegepersonal an, weil es moderne Medizin bietet und technisch auf dem neuesten Stand ist. Alle deutschen Kliniken leiden unter dem extremen Personalnotstand : keine ausgebildete Ärzte, keine Mitarbeiter für die Pflege. Die Rechnung “aus 3 mach 1 , schon ist Personal verfügbar”, die es auch gesamtgesellschaftlich von “Gesundheitsexperten” gibt : aus 2000 Kliniken mach 500, schon ist die Personalnot erledigt”, wird in Schaumburg ebenfalls ad absurdum geführt: Die Pflegekräfte sind aus Kostengründen abgebaut worden, niemand steht nun bei Fuß, um in Vehlen wieder einzusteigen. Jetzt, angesichts der roten Zahlen, wird sogar erneut von “zuviel Personal” als Hauptursache der Misere gesprochen. Das verdeutlicht: eine Zentralklinik — auch in Ostfriesland — wird entgegen aller Propaganda ganz sicher nicht zu dem Zweck gebaut, Personalengpässe auf dem Gesundheitsmarkt besser zu schliessen als andere. Nein: Man will aktiv den Wettbewerb gegen die Häuser im Umland führen. In dem dem von C.Eppmann einmal so genannten “Haifischbecken” träumt man von der Rolle , dabei der dickste Fisch zu werden. Das ist ein destruktiver Kurs, ein Kampf um die Fälle statt einer Kooperation über Kreisgrenzen hinweg im Sinne der sozialen Verpflichtung für die Daseinsvorsorge.
Von verbesserten Arbeitsbedingungen in der Pflege in einer Zentralklinik wurde angesichts der ungeschminkten Realitäten in den Häusern in AUR NOR EMD im Rahmen des “Gesundheitsdialogs Nordwest” geträumt. Starke Überlastung, keine Zeit, sich angemessen um die Patienten zu kümmern, Unmöglichkeit, die Tätigkeit über Jahre ohne gesundheitliche Schäden auszuüben, bei schlechter Bezahlung. So wurde der Ist-Zustand beschrieben. Aber : Ausgerechnet in einer Zentralklinik soll das besser werden ? Schaumburg weist in die entgegengesetzte Richtung: Dort gab und gibt es erhebliche Unruhe in der Belegschaft, weil die Geschäftsleitung viel zu wenig Personal zur Abdeckung der Aufgaben in der Planung vorsieht — und gegen Proteste stets auf den Umstand verweist, man sei “laut Plan” nicht unterbesetzt. Obendrein sind Zusagen hinsichtlich der Bezahlung beim Start der Klinik mittlerweile Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen : Mit dem Wechsel aus dem TVÖD in zweien der alten Häuser in den kirchlichen Tarif in der Zentralklinik Schaumburg gab es für die ehemaligen kommunalen Mitarbeiter Lohneinbußen. Trotz eines Überleitungstarifvertrages müssen deren Lohnanteile derzeit noch vor Gericht eingeklagt werden (siehe : Mitarbeiter klagen nach Überleitungstarifvertrag )
Auf der anderen Seite versucht Agaplesion, die traditionell ungünstigeren Vertragsbedingungen des diakonischen Tarifs noch weiter zu Lasten der Mitarbeiter auszudehnen — aktuell mit einer 6‑tTage Woche als Regelarbeitszeit und deutlich weniger Gehalt gegenüber dem TVÖD :
“Hier geht es um die Wurst” (Schaumburger Wochenblatt März 2019).
3. In Schaumburg hat man einen “Leuchtturm” auf den als “Patientenmarkt” oder “Kernmarkt” betrachteten Landkreis gesetzt. Das ist eine Vorgehensweise, die für ein privates Wirtschaftsunternehmen eine Strategie sein mag. Für eine Einrichtung der Gesundheitsversorgung ist es der falsche Weg. Die Geschäftsführung stellt jetzt fest : Auf diesem Markt bleibt der Geschäftserfolg hinter den Erwartungen zurück. Das Krankenhaus wurde als Wettbewerber zu den umliegenden Häusern in den Schaumburger Sumpf gesetzt — bleibt der Erfolg in diesem Wettbewerb längerfristig aus, so folgt die Schließung. Schlimmstenfalls des gesamten Standorts, bestenfalls einzelner Abteilungen. Was Erlöse abwirft, wird vielleicht am Ende — durch Agaplesion oder einen anderen Investor — weitergeführt. Noch (!) gilt aber: “Agaplesion will trotz 12-Millionen-Minus nicht am Schaumburger Krankenhaus rütteln : ‘Der Konzern steht zu diesem Haus’ “, so lautete die Schlagzeile der Schaumburger Nachrichten vom 9.4.2019.
4. Die kommunalen Betreiber in Aurich und Emden, machen sich primär Sorgen um ihre Haushaltsdefizite und befassen sich vor allem aus diesem Grund mit “neuen Wege in der stationären Versorgung”. Ihnen wurden dazu — wie in Schaumburg — Wirtschaftspläne präsentiert, die nach beherrschbaren “Anlaufverlusten” bald schwarze Zahlen ausweisen. Wenn aber Agaplesion für eine Klinik der Schwerpunktversorgung Anlaufverluste von 1 Mio pro Jahr erwartet, dann aber in 2 Jahren — davon eines nach vollzogenem Umzug ! — 20 Mio aufhäuft — wie seriös und wie belastbar ist dann eine Planung, die für eine Zentralklinik mit Grund- und Regelversorgung am nordwestlichsten Rand Deutschlands Anlaufverluste “höher als 10 Mio” pro Jahr für einen nicht exakt bestimmten Anfangszeitraum annimmt ? Von “zweistelligen Mio-Beträgen” so hat Eppmann es (nach den Schaumburger Zahlen erstmals auch öffentlich) gesagt, gehe er aus. Die Versicherung seiner Pressesprecherin, die Planzahlen, die dem Kreistag mitgeteilt wurden, seien “mehr als Kafeesatzlesen” spricht für sich. Was eine solche Entwicklung, in Addition zur Schuldenaufnahme für die Finanzierung der Investitionsanteils der kommunalen Haushalte beim Bau der Zentralklinik, für Folgen nach sich ziehen würde, will im Kreistag von den Unterstützern des Projekts niemand genau wissen — ein Skandal.
5. Wo ist in der Auseinandersetzung eigentlich die Daseinsvorsorge und die ausreichende stationäre Versorgung kranker Menschen vorgekommen ? Sie ist — sofern sie überhaupt noch zur Sprache kommt — zur reinen Floskel verkommen. In der praktischen Politik unserer Gremien und der Klinikmanager in Schaumburg und Südbrookmerland ist sie leider nicht Leitschnur, sondern bestenfalls Berufungsgröße.
Ein grosser Fehler aus meiner Sicht, ist u. a. der ungünstige Standort, die ausstattung der Betten, daß fehlen von frischer Bettwäsche.
Es gibt kaum feine öffentliche Verbindung f. jene die Schicht arbeiten müssen und kein Auto haben, bzw. für Patienten oder Besucher dieser.
Hinzu kommt das die Matratzen absolut nichts taugen und wohl keiner Lust hat auf einem drahtgestell zu schlafen.
Auch die Tatsache, daß die Bettwäsche nicht automatisch ausgewechselt wird, weil jeder Körper nachts schwitzt zeigt, daß die Gefahr sich eine Krankheit zu holen im agaplesion grösser ist, als gesund nach Hause zu gehen.
Vom Essen braucht man nicht reden, wer weiß was gutes Essen ist, der weiß das er das agaplesion zu meiden hat.
Mir tun die Schwestern u. Pfleger leid die dort verschlissen werden und es ist echt gut, das wenigstens die stationshilfen (Kaffee u. Essnsverteiler) oft etwas mehr Zeit haben und beruhigende Worte f. Manche haben.
Kurz und gut, das Haus steht absolut am falschen Ort und gefährdet mit der Lohndrückerei sich selbst und demutiviert das ganze Personal.