Gesundheitsdialog Nordwest : Politik läßt Krankenhäuser sterben – Inszenierte Podiumsdiskussion statt „Bürgerdialog“

Am 9.1.19   star­te­te die Trä­ger­ge­sell­schaft  Kli­ni­ken AUR-EMD-NOR in der Emder A Las­co-Biblio­thek mit einer öffent­li­chen Podi­ums­dis­kus­si­on den „Gesund­heits­dia­log Nord­west“. Damit erfüllt sie nach eige­nen Anga­ben einen Auf­trag der poli­ti­schen Gre­mi­en, im Zuge des „Nicht aus dem Augen-Ver­lie­rens einer Zen­tral­kli­nik“  The­men­fel­der wie Not­fall­ver­sor­gung, Erreich­bar­keit und Nach­nut­zung  öffent­lich, unter Betei­li­gung der Bür­ger, in Form von Podi­ums­dis­kus­sio­nen und work­shops  zu bearbeiten. 

Zur Erin­ne­rung :  Wenn die sta­tio­nä­re Ver­sor­gung in Nor­den, Aurich und Emden so umge­stal­tet wird, wie es Kreis­tag und Emder Rat vom Geschäfts­füh­rer Epp­mann erwar­ten, dann sieht die „Zukunfts­lö­sung“ nur noch ein Kran­ken­haus in der Regi­on vor — die Zen­tral­kli­nik. An die­sem Pro­jekt  wei­ter­zu­ar­bei­ten – die­sen Auf­trag  haben sie ihm mehr­fach neu erteilt. Trotz gegen­lau­ten­dem Bür­ger­ent­scheid in Emden und trotz erheb­li­chem Gegen­wind auch im LK Aurich  wird – nun­mehr seit fast 3 Jah­ren – für die­ses Ziel ohne Abstri­che in allen drei Häu­sern an Per­so­nal und Leis­tun­gen gespart — bis an die Gren­zen der Funk­ti­ons­fä­hig­keit.  För­der­mit­tel für den Aus­bau von Leis­tun­gen  oder Abtei­lun­gen an den jet­zi­gen Stand­or­ten zu bean­tra­gen,  hal­ten die Mehr­heits­frak­tio­nen und ihr Geschäfts­füh­rer für sinn­los und verzichtbar.

Für die Not­fall­ver­sor­gung in der Regi­on wür­de die­se Kon­zen­tra­ti­on auf eine Zen­tral­kli­nik  erheb­li­che Ein­schrän­kun­gen  mit sich brin­gen: Die  sta­tio­nä­re Not­fall­ver­sor­gung  als tra­gen­de Säu­le der gesam­ten Not­fall­ver­sor­gung wür­de  in allen drei Städ­ten weg­bre­chen. Jeder weiß, daß die Kas­sen­ärzt­li­che Ver­ei­ni­gung  eine sol­che Lücke weder mit ihren Not­diens­ten noch mit ihren Arzt­pra­xen auf­fan­gen könn­te — eine Abde­ckung des gesam­ten Spek­trums von Not­fäl­len ist ohne die tech­ni­sche Infra­struk­tur und das qua­li­fi­zier­te Fach­per­so­nal der Kli­ni­ken nicht mög­lich. Und es ist bekannt, daß auf bei­den Sei­ten die Per­so­nal­res­sour­cen ohne­hin bereits extrem ange­spannt sind (was ein wesent­li­cher Grund dafür ist, daß Pati­en­ten in einem Not­fall dort­hin gehen, wo sie erwar­ten kön­nen, daß  jemand erreich­bar ist).

Es stellt sich also die Fra­ge : Wie soll eine Lösung für die Not­fall­ver­sor­gung aus­se­hen, wenn die Schlie­ßung der drei Kli­ni­ken gewollt ist ?

Poli­ti­ker und Epp­mann haben dar­auf kei­ne Ant­wort. Sie  wol­len auch kei­ne geben, weil sie zwar Kos­ten­ein­spa­run­gen von der Schlie­ßung erwar­ten, die Ver­ant­wor­tung für die Fol­gen für die Pati­en­ten aber nicht über­neh­men wol­len. Mit dem, was jetzt als „Gesund­heits­dia­log“ insze­niert  wird, set­zen sie noch einen drauf . Es han­delt sich um ein rei­nes Ablen­kungs­ma­nö­ver. „Wie kommt es, daß immer mehr Men­schen in die Not­fall­am­bu­lan­zen der Kli­ni­ken kom­men, wo es doch auch ande­re Wege zur effek­ti­ven Behand­lung ihrer Beschwer­den gibt?“ Mit die­ser sug­ges­ti­ven Leit­fra­ge­stel­lung  sind  vor­ab (fast) alle Fra­gen beant­wor­tet. Mit Sicher­heit kommt dann eines NICHT zur Spra­che : Fra­gen nach dem Stand der hier­zu­lan­de  real bestehen­den  Not­fall­ver­sor­gung, ihrer Qua­li­tät aus Sicht des Pati­en­ten , nach Ursa­chen der beklag­ten Eng­päs­se und nach Vor­aus­set­zun­gen für Lösun­gen.  Den Exper­ten auf dem Emder Podi­um, die sich in der Fra­ge­stel­lung  einig waren, kann man des­halb den Vor­wurf „The­ma ver­fehlt“ nicht ersparen.

Sie berich­ten zwar selbst,  daß es einen  poli­tisch gemach­ten  Ärz­te­man­gel gibt (Medi­zi­ner­aus­bil­dung), daß es gesund­heits­po­li­ti­sche Spar­vor­ga­ben gibt, die für den Betrieb klei­ne­rer länd­li­cher Kli­ni­ken erschwe­ren­de Fol­gen haben. Auch wis­sen sie um recht­li­che und wirt­schaft­li­che  Vor­ga­ben aus der „Sek­to­ren­tren­nung“ (stationär/ambulant) spe­zi­ell für die Not­fall­ver­sor­gung — und um deren Fol­gen für die Behand­lung. All das hal­ten sie nicht für dis­kus­si­ons­wert, weil es ja „nun mal so ist“. Umso siche­rer sind sie aber, daß es „eigent­lich“ gar kei­ne Eng­päs­se gibt :  wenn man die Not­fall­ver­sor­gung nur bes­ser orga­ni­siert. Indem man die Ver­tei­lung von Pati­en­ten auf die „rich­ti­gen“,  für ihre Beschwer­den ange­mes­se­nen Behand­lungs­we­ge opti­miert . So wird  der Pati­ent  als der eigent­li­che Pro­blem­ver­ur­sa­cher  aus­ge­macht.  Ob man ihn als „unin­for­miert“ ent­schul­digt ( 116117, wer kennt schon die­se „schwie­ri­ge Num­mer“), ob man ihn  als blin­den „Rein­ren­ner“ beschimpft  („mit Son­nen­brand in die Not­auf­nah­me“) , oder ob man ihn gar als sozi­al­schäd­li­chen Ego­is­ten abkan­zelt („Not­auf­nah­me ist kein Wünsch Dir was, die Mit­tel der Soli­dar­ge­mein­schaft sind begrenzt“) .

Auf die­se Wei­se bekann­ten sich die Exper­ten uni­so­no zur  not­wen­di­gen  „Bün­de­lung“ der begrenz­ten  medi­zi­ni­schen Res­sour­cen – und das  „zen­tral“,  was zu bewei­sen war.  Dafür braucht es  gar kei­ne Offen­siv­pro­pa­gan­da für eine Zen­tral­kli­nik.  Mit dem unum­gäng­li­chen Weg in die „Bün­de­lung“ wur­de den Zuhö­rern vor Augen geführt, daß es zur Zen­tra­li­sie­rung kei­ne dis­kus­si­ons­wür­di­ge Alter­na­ti­ve geben kann.  In die­sem Sin­ne stell­te vor­sorg­lich nur der Mode­ra­tor  die Fra­gen im Bür­ger­dia­log.  Eine wahr­haft „leb­haf­te Diskussion“ .

PS — Wel­che “neu­en Wege in der Not­fall­ver­sor­gung” der Bun­des­ge­sund­heits­mins­ter sich auf die Fah­nen geschrie­ben hat, haben wir im fol­gen­den Bei­trag untersucht:

Spahns Agen­da 2019 für die Reform der Notfallversorgung

 

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