Am 24.04. stellte die Trägergesellschaft Kliniken Aurich-Emden-Norden in Emden den Mitgliedern des Emder Rats und des Auricher Kreistags einen neuen Stand eines Klinikkonzepts vor. Der Förderverein nimmt Stellung.
“Vorhang zu und alle Fragen offen”
Wie befürchtet: Die Zentralklinik-Werbeveranstaltung am 24.04.2019 in der Emder A‑Lasco-Bibliothek hat keine neuen Konzepte für die Zukunft der stationären Gesundheitsversorgung in der Region gebracht. Die von C.Eppmann reklamierten „hochbelastbaren Konzepte“ waren Nullnummern. Sie haben ebensowenig Antworten auf die offenen Fragen gegeben wie zuvor bereits die „Klinikkonzepte“, die in den beiden Jahren nach dem Bürgerentscheid vorgestellt wurden. Mit den jetzt präsentierten unausgereiften und unverbindliche Absichtserklärungen endet ein Spiel auf Zeit : Seit zwei Jahren wurde das für „alternativlos“ erklärte Zentralklinikvorhaben stillschweigend fortgesetzt. Dafür benötigte niemand neue Konzepte.
Den Politikern in den Gremien werfen wir vor, daß sie den Auftrag der Bürger mißachtet haben. Mit der kategorischen Weigerung, sich mit Alternativen zum Kurs der Aufgabe und Schließung unserer Krankenhäuser zu befassen und mit den mehrfach erteilten Verlängerungen des Mandats für die Trägergesellschaft zur Vorbereitung der Zentralklinik haben die Mehrheiten in den Räten weitere zwei Jahre vertan. Für die Sicherstellung ihrer Krankenhäuser, die sie als Auslaufmodelle behandeln, haben sie in dieser Zeit nichts getan : Es wurden keine Investitionen getätigt, keine Fördergelder beantragt, keine Modernisierungen auf den Weg gebracht, während rundum Krankenhäuser modernisiert werden. Stattdessen geht in den drei Kliniken unter der Führung der Trägergesellschaft der schleichende Abbau der Substanz weiter. Durch diese Unterlassungen verschlechtert die Politik die medizinische Versorgung der Bürger. Mit dem eingeschlagenen Kurs geht auch eine Gefährdung der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der Kommunen selbst einher – und das Risiko, daß dieser Bereich der staatlichen Daseinsvorsorge schon in naher Zukunft nur noch rein wirtschaftlichen Kriterien privater Gesundheitsbetreiber unterworfen wird.
Die 7*24 Stunden Notfallversorgung in EMD AUR NOR – eine Mogelpackung
Wer auf der Grundlage der jetzt vorgestellten Ankündigungen zur Notfallversorgung behauptet, die 7 * 24-Stunden-Notfallversorgung in Emden und im Landkreis Aurich sei nun gesichert, der täuscht sich und die Bürger! Ganz unabhängig von allen aktuellen gesundheitspolitischen Plänen zur Reform der Notfallversorgung und zur Integration der kassenärztlichen Notdienste mit Notfallambulanzen der Krankenhäuser: Es ist eine Selbstverständlichkeit und es ist auch gesetzlich gewollt, daß eine Notfallaufnahme ausschließlich an einem laufenden Krankenhaus existiert. Und ebenso klar ist von den Planern der Zentralklinik ein Ausstieg aus der Notfallversorgung an den bestehenden Standorten gewollt, weil ihnen die zu teuer ist.
So hieß es 2014 in der „Machbarkeitsstudie“ der BDO : „Eine vom Krankenhaus zu verantwortende ambulante 24/7‑Versorgung in den Städten ist bei einer Einrichtung einer Zentralklinik nicht finanzierbar“. Mit der Klinik will man aus der Notfallversorgung in den Städten heraus. Weil das in Emden, Norden und Aurich eine große Lücke aufreißt, und weil die Kassenärztliche Vereinigung diese Lücke selbst mit bester Ausstattung und personeller Besetzung ihrer Notdienstpraxen niemals schließen kann, weil sie die Infrastruktur einer Klinik nicht selbst vorhält , versucht Eppmann den Eindruck zu erwecken, dass eine Notfallversorgung auch ohne Krankenhaus funktionieren kann. Man baut dazu als „Pilotprojekt“, also ausdrücklich mit dem Charakter eines Modellversuchs, noch während der Lebensdauer der drei Krankenhäuser eine integrierte Notfallinfrastruktur in den Städten auf : Arztpraxen mit Mitarbeitern der KV und des Krankenhauses bilden hier 7 * 24 Stunden eine Anlaufstelle, an der die Patienten nach Schwere ihrer Erkrankung begutachtet („triagiert“) und zur entsprechenden Behandlung weitergeleitet werden – zur stationären Behandlung, zur direkte Versorgung in der Arztpraxis oder zurück zum zuständigen Haus- oder Facharzt. Nach der Schließung der Kliniken würde jedoch das direkt angebundene Krankenhaus fehlen – damit entfiele eine tragende Säule des Modells.
Mit der Trägergesellschaft gefragt: „Was wäre wenn?“ :
Jeder Patient, der stationär behandelt werden muß, müßte nun regelmäßig per Rettungswagen zur Zentralklinik nach Georgsheil verbracht werden. Die Versorgung von stationären Notfallpatienten würde sich erheblich verschlechtern: Für 240.000 Bürger (Emden und LK Aurich) gäbe es in diesem Fall nur eine – hoffnungslos überlaufenen – Notfallaufnahme in Georgsheil Als Notfall würde niemand in eine Arztpraxis in Emden , Aurich oder Norden gehen, um sich dann „weiterleiten“ zu lassen. Wenn die „Außenstellen“ aber zu reinen “Tresen“ würden, dann ist absehbar, daß die Patienten gleich die zentrale Notaufnahme in Georgsheil als Anlaufstelle in Anspruch nehmen würden. Den Patienten drohen dann lange Wartezeiten und weite Fahrten zur nächsten Notaufnahme. Bundesweit ist überall dort, wo Krankenhäuser geschlossen werden, eine Bewegung in die umliegenden Notfallaufnahmen zu beobachten. Sind auch dort keine Kapazitäten mehr vorhanden, meldet sich das Krankenhaus aus dem Notfalldienst ab. An vielen Beispielen in Deutschland und ganz besonders in ländlichen Gebieten ist zu sehen, dass sich mit einer solchen Zentralisierung die Verfügbarkeit, die Anfahrtswege und die Anfahrtszeiten für Notfallpatienten drastisch verlängern.
Das vorgetragene Modell kann – ohne Klinikanbindung – aber auch unter rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht bestehen! Nach Schließung der 3 Kliniken werden weder die KV noch das Krankenhaus solche „Außenstellen“ mehr (räumlich und personell) ausstatten und finanzieren können und wollen. Die Berechnung, solche Praxen an den drei Standorten könnten gegebenenfalls mit rund 800.000 € jährlich aus dem Klinikbudget mitfinanziert werden, erweckt den Anschein von Verbindlichkeit und Machbarkeit. Es gibt – auch aus Niedersachsen – jedoch genügend Beispiele dafür, daß Kliniken sich aus rechtlichen und finanziellen Gründen schon bald aus dem Betrieb solcher Praxen zurückgezogen haben, teilweise sogar auf Anordnung des Landes zurückziehen mußten. Die “integrierten Notfallzenten”, die zukünftig landesweit gebildet werden sollen (s. Spahns Agenda 2019 , Abschnitt 2 (zu den INZ) ) , werden ausschließlich an Krankenhausstandorten entstehen! Umgekehrt verbleiben an ehemaligen Klinikstandorten auf Dauer nicht mehr als ganz normale Arztpraxen, an denen ein oder mehrere Ärzte zu üblichen Sprechzeiten im Einsatz sind. Auch dafür gibt es leider schon reichlich Beispiele.
Im Vergleich zu einem Krankenhaus ein schlechter Tausch !
Nicht zufällig bleibt das “hochbelastbare Konzept” für die Zeit , wenn einmal eine Zentralklinik eröffnet hätte, sehr unverbindlich: Man möchte eine” Rund-um-die-Uhr Notfallambulanz AUR-EMD-NOR-ZK oder(!) KV-Bereitschaftspraxis“ in den Städten erhalten, und zwar „unter den dann geltenden gesetzl. Rahmenbedingungen und unter Berücksichtigung der erfolgten Evaluation des Pilotprojektes”. Daß die jetzt mit großem Getöse als 24*7‑Vor-Ort-Anlaufstellen keine Zukunft haben, wissen zumindest unsere Klinikmanager und KV-Vertreter schon heute sehr genau.
Ein weiterer wesentlicher Punkt in der Vorstellung des „Klinikkonzepts“ war die Frage der Finanzierung. Zu diesem Punkt folgt eine separate Bewertung
Das Gesamte Konzept vom Zentralkrankenhaus in Utwerdum ist ein einziges Luftschloss. Eppmann führt speziell den Rat der Stadt Emden an der Nase herum. Von seiner ersten Kostenschätzung (bis auf die letzte Steckdose) ist nichts übrig geblieben. Von ehemals 250 Mio. Euro sind wir inzwischen bei 410 Mio. Euro mit offener tatsächlicher Endsumme. Der Kauf des Geländes haben sich die Eigentümer vergolden lassen. Und auch bei Einstellung dieses Projekts fließen mehre Millionen Entschädigung unberührter Fläche an die die Eigentümer. Ein derart einseitige Vertragsauslegung haben wir auch Eppmann zu verdanken.